Dienstag, 27. April 2010

Burgos-Hornillos del Camino-Castrojeriz


Hallo ihr Lieben,

ich sitze gerade in einem kleinen spanischen Dorf mitten in der Pampa und bin erstaunt, dass es hier tatsaechlich in der Herberge Internet gibt.

Da ich gestern in einem noch kleineren Dorf war, konnte ich leider nicht posten.
Daher bekommt ihr heute die doppelte Ration ;-).

Der Abend in Burgos war eine echte Enttaeuschung. Ich hatte gedacht, wenn ich um 19.30 Uhr in die Pilgermesse gehe, dann sehe ich die Kathedrale noch, leider wurde die Messe in einem Seitenteil der Kathedrale abgehalten, der voellig abgetrennt war.
Daher habe ich nicht mal die Kathedrale gesehen. Morgens war sie noch nicht geoeffnet :-(.
Ausser einer ueberteuerten Pizza bleibt nur die Erinnerung an eine schoene Stadt und eine schoene Kathedrale von aussen ;-).

Von Burgos ging es erst durch das Stadtgebiet weiter. Das war ein bisschen wie Schnitzeljagd: "Such die gelben Pfeile". Ich habe dort einen Hippie aus Ibiza getroffen, der zwar sehr nett war, sein Englisch aber nicht fuer eine wirkliche Unterhaltung reichte und mein Spanisch erst recht nicht. Es sah aber schon witzig aus, wie er in Cordhose, Flip Flops und Socken seinen Weg machte.

Kurze Zeit spaeter habe ich die Bekanntschaft von Juergen gemacht. Ein Rentner, der ein sehr bewegtes Leben hinter sich hat, wie er mir gestern Abend beim gemeinsamen Abendessen erzaehlte. Er lebt seit vielen Jahren in Spanien (was sehr praktisch war ;-)) und laeuft den Jakobsweg mit nur einem Lungenfluegel. Wegen Lungenkrebs vor 4 1/2 Jahren haben sie ihm den anderen Lungenfluegel rausgenommen. Wirklich bewundernswert. Wir haben in einem kleinen Dorf im Schatten am Pilgerbrunnen gesessen und einen kleinen Plausch gehalten.
Nach langer Zeit in der prallen Mittagssonne zwischen Kornfeldern tauchte endlich Hornillos del Camino vor mir auf. In der Albergue neben der Kirche wurde man sehr sehr nett empfangen und konnte sich sofort ein Bett aussuchen. 12-Bett Zimmer...
Kurz nach meiner Ankunft verteilte ein netter Spanier Zettel, dass er ayurvedische Fussmassage oder Ruecken- oder Gesichtsmassage anbietet. Da habe ich mir gedacht, dass goenne ich mir doch mal. Seine "Massagepraxis" war ein Bretterverschlag neben einem Schlafraum. Juan war sehr interessant. Urspruenglich aus Salamanca stammend, war er letztes Jahr den Camino gegangen und hat sich entschlossen, den Pilgern dort in Hornillos del Camino Massagen zu verpassen. Naechstes Jahr will er nach Indien, um dort Ayurveda von der Pieke auf zu lernen. Ich habe die Massage total genossen, habe mich aber geweigert, die spanischen homoeopathischen Kuegelchen von ihm anzunehmen. "Nur 1 Tagesdosis- haut sofort rein...." Als ich ihm nach der Erstverschlimmerung gefragt habe, hat er mich nur ganz unglaeubig angeguckt. Soweit gingen seine Homoeopathiekenntnisse wohl doch nicht *kicher*.

Wir haben uns dann noch ueber Gott und die Welt unterhalten und ueber das Thema Gottvertrauen und Gottes Hilfe. Er erzaehlte mir dann eine schoene spanische Geschichte, die ich euch nicht vorenthalten moechte:

Ich nenne sie mal
Gott hilft

Es war einmal ein kleines spanisches Dorf, welches von heftigen, tagelangen Regenfaellen heimgesucht wurde. Es regnete und regnete und regnete. Die ersten Dorfbewohner verliessen das Dorf und sagten zum Pfarrer:"Komm mit, wir muessen das Dorf verlassen!" Doch der Pfarrer sagte: "Nein!Gott wird uns helfen!". Immer mehr Leute verliessen das Dorf, weil es immer weiter regnete. Sie forderten den Pfarrer auf, mit ihnen zu gehen, doch der Pfarrer antwortete immer : " Gott wird uns helfen."

Als nur noch 1 Mann im Dorf war und in der Kirche sass, sagte er zum Pfarrer:"Geh mit mir. Ich bin der letzte Dorfbewohner. Warum kommst du nicht mit? Was willst du alleine hier?"

Der Pfarrer aber rief : "Gott wird mir helfen!"
So ging auch der letzte Dorfbewohner fort und der Regen fuellte nach nach sogar das Innere der Kirche. Nach einigen Tagen kam ein Boot vorbei und die Menschen in dem Boot forderten den Pfarrer auf, doch einzusteigen. Der Pfarrer aber antwortete: " Gott wird mir helfen!" Das Hochwasser wurde so schlimm, dass er auf das Kirchendach ausweichen musste. Es kam dann ein Helikopter angeflogen und wollte ihn mitnehmen, doch er weigerte sich und sagte : " Gott wird mir helfen!".
Der Pfarrer ertrank.
Im Himmel angekommen sagte er zu Petrus:"Ich muss sofort Gott sprechen! Ich will mich beschweren!" Petrus fuehrte ihn zu Gott und der Pfarrer schimpfte:"Wieso hast du mich ertrinken lassen, obwohl ich doch so auf deine Hilfe vertraut habe?"
Gott antwortete:" Habe ich dir nicht den letzten Mann im Dorf geschickt, ein Boot und einen Helikopter?"

Schoene Geschichte, nicht wahr? Man muss viel oefter auf diese Zeichen achten.

Nach der schoenen Massage hatte ich einen netten Abend in der Herberge bei Baguette und Kaese und Gespraechen mit Juergen. Die anschliessende Nacht war aber nicht so nett, da ein Italiener in unserem Zimmer den Schnarchrekord brechen wollte.
Immer wenn er besonders laut troetete, kicherte das ganze Zimmer, bis ihn dann ein Mitpilger sanft anstuppste und er hat tatsaechlich die ganze Nacht nicht mehr geschnarcht. Wahrscheinlich hat er aus Angst, uns zu wecken, die ganze Nacht wachgelegen :-). Ich habe uebrigens gestern Nacht mit 3 Kanadiern (2 englisch- und 1 franzoesichsprechender), 2 Franzosen, 1 Deutschen, 1 Koraner und 4 Italienern in einem Zimmer geschlafen. Immer wieder faszinierend. Mein heutiger "Bettnachbar" ist Mario aus Brasilien. Mal sehen, wer gleich noch so in das Zimmer kommt.

Die heutige Etappe war wieder mal landschaftlich ein Traum. Ich bin bei 20 km Etappen geblieben, da ich sonst viel zu frueh in Astorga bin, meinem Treffpunkt mit Wusel. Meine erste Rast war in der alternativen Herberge San Bol. Die Hospitalera war supernett und hat mir extra einen Tee gekocht, obwohl die Herberge eigentlich schon geschlossen war. Das ist so eine Herberge ohne Strom und fliessend Wasser. Waschen kann man sich in dem hauseigenen Brunnen ;-) brrrrr. Aber sehr idyllisch.

Von da aus ging es weiter nach Hontanas, wo ich nett "gefruehstueckt" habe. Die hier ueblichen Bocadillos. Das sind belegte Baguettes mit Ruehrei, Kaese, Schinken oder was man so haben will.
Als ich schon um kurz nach 12 Uhr 2 km vor meinem Tagesziel war, habe ich mich einfach hinter einer Klosterruine (San Anton) ueber eine Stunde an einem Bach in den Schatten gelegt und mit Blick auf die Klosterruine gregorianische Gesaenge gehoert.
Mei war des scheeeeeee ;-).

So, meine Internetzeit ist gleich abgelaufen. Ich denke viel an die Menschen zu Hause, an euch. Ich habe das Gefuehl, als ob ich euch alle ein Stueck mitnehme.

Ultreia

Silvia

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