Sonntag, 25. April 2010

Burgos


Meine lieben Daheimgebliebenen,

ich gruesse euch aus der wunderschoenen Stadt Burgos. Ich sitze gerade in der neuerbauten staedtischen Herberge, unsere Waschmaschine laeuft, ich bin geduscht, erschoepft, aber gluecklich die Etappe geschafft zu haben.

Ich habe mich gestern doch entschlossen, die Montes de Oca in Angriff zu nehmen, nachdem ich bereits um 11 Uhr am Fusse der Berge war. Es war ein sehr anstrengender Anstieg und auch die Etappe oben auf den Bergen hatte es in sich. Das Wetter war traumhaft schoen und die Natur atemberaubend.

Aber von Anfang an. Die nette Hollaenderin neben mir hat mir gerade einen Euro gewechselt, so dass ich jetzt 20 Min. laenger schreiben kann ;-).

Gestern morgen bin ich bei Nebel in Belorado losgegangen, nachdem ich ein ausgiebiges Fruehstueck und einen netten Plausch mit meinem Herbergsvater hatte. Er hat lange Jahre in der Entwicklungshilfe (Agrarbereich) in Suedamerika gearbeitet und unter anderem 15 Jahre in Nicaragua, wo er seine Frau kennenlernte (ich dachte, sie waere Spanierin). Vor vielen Jahren ist er mit einem Freund immer mal wieder Etappen des Caminos gegangen und hat sich ueber die Herbergen geaergert, so dass er sich entschlossen hat, nach Belorado zu ziehen und eine familiaere Herberge aufzumachen. Ganze 3 Gaestezimmer in einem kleinen typisch spanischem Haus.

Mit guten Tipps und Abschiedskuesschen versorgt gings dann hinaus in den Nebel. An der naechsten Ecke bin ich direkt auf 3 Kanandierinnen getroffen und wir haben uns den Weg aus dem Ort herausgesucht. Ein kurzer Schnack und dann bin ich alleine weiter gegangen, da die fusskranke Margo mein Tempo nicht halten konnte (noch.....es kommen ja noch ein paar Tage). Ich hatte die ganze Zeit eine kleinere Pilgergruppe vor mir, (witzig...waehrend ich das hier schreibe, setzt sich Margo gerade an den Computer mir gegenueber. Sie sind also auch jetzt hier gestrandet) die nur Tagesrucksaecke trugen und sich ihr Gepaeck transportieren liessen. Waehrend ich noch darueber nachgruebelte, ob das richtiges Pilgern ist, brach eine Frau aus der Gruppe zusammen - Kreislaufprobleme. Ich dachte nur:"Arme Frau- toller Start :-(".

An der Bar, die geoeffnet hatte, habe ich erstmal Rast gemacht und mich fuer die Oca-Berge gestaerkt. Die ankommenden Pilger legten sich mitten auf den geschotterten Parkplatz, um auszuruhen (und sind auch tatsaechlich eingedoest). Ich ahne etwas von den Strapazen, die hier auf mich zukommen.

Nachdem ich mich dann durch die Oca-Berge gekaempft hatte, wobei gekaempft der falsche Ausdruck ist, weil es zwar anstrengend, aber eben auch unglaublich schoen war, tauchte endlich das Kloster St. Juan de Ortega vor mir auf.
Ein netter Hospitalero begleitete mich in einen Vorraum, in dem die Wanderschuhe ausgezogen werden mussten und man gleich mit Kirchenmusik beschallt wurde.

Der Schlafsaal bestand aus 16 Betten (die aber nicht alle belegt waren) und liess sich nur durch eine laut knarrende, mindestens 500 Jahre alte Tuer oeffnen.
Die abendliche Pilgermesse war wieder slapstikmaessig. 2 Spanier (1 Mann und 1 Frau), die brav die Kirchenlieder sangen und ein paar Pilger, die kein Wort verstanden ;-). Anschliessend wurde der Pilgersegen gespendet, was wiederrum sehr schoen war. Man bekam einen Zettel in seiner Sprache, dann haben wir uns alle vor den Sarkophag von St. Juan de Ortega gestellt und bekamen den Pilgersegen.

Geweckt wurden wir heute morgen um 7 Uhr mit gegorianischen Choraelen.
Die Nacht war erstaunlich ruhig, da wir keine grossartigen Schnarcher im Zimmer hatten, nur ein paar leise Schnorchler ;-).
Da mir das Kloster so gut gefiel, habe ich auch gleich meine Sonnenbrille dort gespendet (grmpf). Ich weiss wirklich nicht, wo die geblieben ist.

Von dort ging es heute morgen weiter nach Atapuerca, wo ich erstmal mit Maria und Petra, die ich auch auf dem Weg getroffen habe, schoen gefruehstueckt habe um dann gleich die naechsten Berge zu erklimmen. Die Gegend um Atapuerca sieht aus, als habe jemand einen Berg in Millionen Stuecke gesprengt und die Steine einfach in der Landschaft liegen lassen. Dementsprechend schoen, aber schwierig war der Weg. Man musste beim Aufstieg und Abstieg genau aufpassen, wo man hintrat. Am Gipfel angekommen stand ein grosses Holzkreuz - aehnlich dem Cruz de Ferro, was mich sehr beeindruckt hat. Viele Pilger hatten Steine oder Zettel oder andere Gegenstaende abgelegt.
Oben auf der Hochebene habe ich mich erstmal eine halbe Stunde zwischen Ginsterbueschen in die Sonne gelegt und meine Siesta gemacht, bis die Kanadierinnen wieder vorbeikamen.

Im naechsten Ort habe ich sie dann an der Bar wiedergetroffen. Es ist schon witzig, alle haben den gleichen Weg, aber jeder in seinem Tempo. Manchmal geht man ein Stueck zusammen, manchmal eben nicht. Alles kann - nichts muss.

In der Bar wurde ich von einer Spanierin bedient, die sage und schreibe noch 3 Zaehne im Mund hatte. Ich weiss aber nun, dass die Zaehne definitiv nicht mit den Stimmbaendern zusammenhaengen, denn sie bruellte einen Gast an, der dann zurueckbruellte. Waehrenddessen hatte sie die ganze Zeit noch eine Fluppe im Mund.

Ich habe dann darauf verzichtet, in dieser Bar etwas zu essen und mir nur mein Wasser gekauft ;-))) Die Kanadierinnen haben todesmutig irgendetwas Kuchenaehnliches gegessen. Mal sehen, wie es ihnen morgen geht :-).

Kurz hinter dem Ort sollte es einen schoenen Weg nach Burgos geben, den ich aber leider nicht gefunden habe. Also bin ich auf dem urspruenglichen Jakobsweg am Flughafen und einer Schnellstrasse vorbei nach Villafria gegangen, wo Maria mich dann einholte, die auch den anderen Weg nicht gefunden hat ;-).

Der Reisefuehrer warnte davor, dass nach Villafria nur noch Industriegebiete von Burgos kommen wuerden und viele Pilger diese Strecke mit dem Bus fahren.
Zu Hause habe ich noch gedacht....ich gehe!!! Hier nach 21 km durch Berge und Steppe bei 26 Grad habe ich mich dann doch fuer den Bus entschieden und das war gut so.
Es waren tatsaechlich nur Industriebauten an vierspurigen Strassen und Stadtautobahnen. Das waere teilweise echt gefaehrlich geworden.

Nun sind wir hier in der traumhaften Stadt Burgos, die wir jetzt erkunden werden, denn unsere Waschmaschine ist fertig ;-).
Die Herberge hier ist wirklich schoen. Alles neu, spartanisch, aber chic eingerichtet. Und sehr sehr sauber.

Ultreia

Silvia

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